Alle Artikel mit dem Schlagwort: Deutschlerner schreiben: literarische Texte

Märchen zum Deutschlernen: Zaal und Simurgh

Märchen zum Deutschlernen: Zaal und Simurgh Es war einmal ein Kämpfer, der hatte ein Kind. Das Kind hieß Zaal und hatte weiße Haare. Der Kämpfer dachte, dass ein Kind mit weißen Haaren sehr schlecht sei. Daher  küsste er seinen Sohn und brachte ihn ins Ghaf-Gebirge. Dort lebte ein großer Vogel. Sein Name war Simurgh. Simurgh liebte Zaal sehr und brachte ihm jeden Tag etwas zu essen. Viele Jahre später wollte Zaal in seine Heimat zurückkehren. Simurgh sorgte sich und sagte: „Nimm diese Feder, sie ist magisch. Wenn du sie verbrennst, werde ich blitzschnell zu dir kommen.“ Zaal ging in seine Heimatstadt und verliebte sich in ein hübsches Mädchen. Ihr Name war Rudabe. Sie heirateten und bald erwarteten sie ein Kind. Als der Moment der Geburt gekommen war, konnte Rudabe ihr Baby nicht zur Welt bringen, weil es sehr groß war. Zaal verbrannte die Feder und sofort erschien Simurgh und half Rudabe. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. Davoud Maleklou kommt aus Teheran im Iran. Dort lernt er am Goethe Institut …

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Ich weiß – ein Gedicht von Hassen Dif aus Algerien

 „Ich schreibe über den Schmerz, wegen des Schmerzes und mit schmerzhafter Sprache.“ Das sagt der Dichter Hassen Dif aus Algerien über seine Texte. Und wenn ihr seinen ersten Text hier im Blog gelesen habt, so wisst ihr, wie sehr das stimmt. Auch dieses Gedicht von Hassen Dif ist voller Melancholie und Schmerz. Ich weiß Ich weiß, Dass ich da sitzen muss Wo die toten Zweige des Herbstes Ein melancholisches Stück singen, Wo mich die Einsamkeit erwartet, Wo keine Blume wächst, Und wo die Sonne nicht aufgeht. Ich weiß, Dass ich für immer leiden werde, Wenn ich glücklich zu sein versuche, Wenn ich an Farben glaube, Oder wenn ich auf mein Herz höre. Ich weiß, Dass ich nicht der Mensch bin, Der zum Lächeln geboren wurde. Und deswegen werde ich nie mehr träumen.   Der Dichter Hassen Dif wurde am 20. Mai 1991 in Algerien geboren und studiert an der Universität Algier 2 Germanistik. Sein erstes Gedicht schrieb er mit 15 Jahren und erhielt dafür 2006 einen Preis für Dichtkunst seiner Heimatstadt. Seit etwa einem Jahr …

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Der Hellseher – eine Erzählung von Helga aus Oviedo, Spanien

Der Hellseher Als ich 10 Jahre alt war, verbrachte ich meinen Urlaub mit meinen Geschwistern, meiner Tante und meinen Cousins auf dem Bauernhof meines Großvaters. Meine Eltern waren nicht da, weil sie auf einer langen Reise in Argentinien waren. Ich war ein sehr naives und feinfühliges Kind, das sich ohne seine Eltern immer unsicher und bedrückt fühlte. Aus diesem Grunde war ich damals, obwohl ich an einem wunderbaren Ort war – es gab ein großes Schwimmbad und viele Bäume, auf die ich gern kletterte – eher traurig, denn ich vermisste meine lieben Eltern. Eines Tages kam Edmilson, der Hausmeister, der immer mit uns Kindern spielte, und fragte mich: „Helga, möchtest du wissen, in welchem Alter du sterben wirst?“ Die anderen Kinder waren davon begeistert, meine Zukunft zu erfahren. Aber ich, ich war entsetzt und antwortete: „Nein!“ Doch Edmilson, durch die Schreie der Kinder ermutigt, ging in sein Haus und brachte ein leeres Blatt Papier, das er uns zeigte. Dann nahm er ein Kohlestück und strich mit der Kreide aus Kohle über das Blatt. Angsterfüllt und …

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Der letzte Brief – von Hassen Dif aus Algier, Algerien

Der letzte Brief Ich werde für immer aus deinem Leben verschwinden. Du warst niemals für mich. Du warst immer kalt und fern; während ich nah und heiß war. Ich werde für immer verschwinden und niemand wird mich wiederfinden. Ich werde nie mehr einen Schatten neben mir haben. Ich werde ein schattenloser Mensch sein. Bevor du mir dieses Wort sagtest, hatte ich das Ende in deinen Augen erblickt. Am Ende habe ich gelernt, dass ich nicht der Mensch bin, den du willst, den du liebst oder sogar, den du siehst. Such dir einen glücklichen Menschen! Versuch, das Glück fern von mir wiederzufinden! Und jetzt bin ich der Mensch, der an Farben nicht glaubt, der die Kälte fühlt und nie wieder lieben kann. Aber vergiss nicht, dass ich in einer anderen Zeit die Luft, die du atmest und der Duft, den du riechst, war! Der Dichter Hassen Dif wurde am 20. Mai 1991 in Algerien geboren und studiert an der Universität Algier 2 Germanistik. Sein erstes Gedicht schrieb er mit 15 Jahren und erhielt dafür 2006 einen …

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Das ratlose Kind – eine Erzählung von Mahmoud Radman aus Taiz, Jemen

Das ratlose Kind – eine Erzählung Es ist nicht so lange her, nur einen Monat, als Fatima, die, so wie ich, zwölf Jahre alt war, verboten wurde, mit mir zu spielen. Aber ich kenne den Grund noch nicht. Denn ich habe sie doch nicht geschlagen, sie war doch meine einzige Freundin! Ihrem Vater, mit vollem Bart, helfe ich stets, um Verzeihung zu erlangen, falls ich mich schuldig gemacht habe, und damit er sie wieder aus dem Haus lässt. Aber es ist vergebens. Fatima ist verrückt nach Spielen, so sehr, dass es sie oft ärgerte, wenn ich nicht sofort kam, um mit ihr zu spielen. Manchmal rief sie mich an, um sich zum Spielen zu verabreden, für ein Treffen vor ihrem Fenster, das nun immer geschlossen und mit einem Vorhang abgedeckt ist. Ich erinnere mich sehr gut an den letzten Tag, an dem ich mit ihr spielte. Ihre Mutter erschien vor der Tür, von Kopf bis Fuß mit Kleidung bedeckt – sie sah aus wie ein Zelt. Sie rief ihre Tochter mit wütender Stimme, immer auf …

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Fremde Gedanken – vom Mahmoud aus Taiz, Jemen

Fremde Gedanken Fremde Gedanken in meinem Land… Ich lege mich auf meinen Rücken, um zu schlafen. Es ist 12 Uhr nachts. Ich höre keine Stimmen, nichts außer meinem Atem. Ja, die Leute gehen hier früh zu Bett. Sie haben keinen Fernseher oder Strom, damit sie wach bleiben können. Nur im Radio kann man die Nachrichten der arabischen BBC hören. Ich habe die Schuhe ausgezogen, um die Schmerzen schwerer Arbeit zu lindern. Eine Hand lege ich unter den Kopf, um ihn vor dem Sand zu schützen. Die andere stecke ich in die Tasche, hole ein Stück Brot hervor, führe es zum Mund und kaue es langsam. „Ach!“ Mein Blick geht zum Himmel: Der endlos weite Himmel ist so klar, als hätte ihn eine Katze abgeleckt. Der Mond ist hell wie das Brot, das meine Mutter buk, als ich ein Kind war. Ich sollte es nicht versäumen, diesen wunderbaren Anblick zu genießen. Ich starre so lange in diesen unendlichen Raum, dass mein Mund aufhört, das Brot zu kauen. Mein Atem wird lauter und mein Herzschlag schneller. Dieser …

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Das Leben – eine Kurzgeschichte von Mahmoud aus Taiz, Jemen

Das Leben – eine Kurzgeschichte Der elektrische Strom war in der ganzen Stadt abgestellt, alles war ganz dunkel und ruhig, nur Hunde bellten manchmal von verschiedenen Seiten in den Straßen. „Ich darf an nichts denken, denn es bringt mir ja doch nichts, über unmögliche Dinge nachzudenken.“ Ich habe den Vorhang zugezogen und in der Dunkelheit habe ich mich an den Wänden entlang zu meinem Bett vorgetastet. Schnell ziehe ich die Decke über meinen Kopf, damit ich alles vergessen und bald einschlafen kann. „Verdammt!“, es ist vergeblich. „Was soll ich bloß machen, um einzuschlafen? Ah, ich zähle von eintausend bis eins.“ Dann beginne ich mit dem Zählen: „eintausend, neunhundertneunundneunzig, neunhundertachtundneunzig … zweihundert … einhundert … Schade, das nutzt auch nichts!“ Ich zähle weiter: „zehn, neun … eins … Das ist eigentlich Unsinn!“ Aus den Moscheen erklingt das einsetzende Rufen zum Gebet. Und in den Straßen fließt der Verkehr. Die Stadt ist voller Lärm! Alle Menschen in der Stadt sind aus ihrem Schlaf erwacht, außer mir, ich bin endlich eingeschlafen. Mahmoud Radman aus der Stadt Taiz im …

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Kraft der Freundschaft – Erzählung von Maria Kulik aus Lublin, Polen

Kraft der Freundschaft Am Rand des dichten Laubwaldes, etwa sieben Kilometer vom nächsten Dorf entfernt, auf den beiden Seiten des schon längst von der Welt vergessenen Feldwegs standen zwei Ziegelhäuser. In einem wohnte ein kleiner Junge mit seinem Vater, das zweite Haus dagegen wurde von einem kleinen Mädchen, seinem Vater und seiner Großmutter bewohnt. Da sie die einzigen Kinder im ganzen Umkreis waren, wollten Jens und Katja miteinander spielen. Aber, wie es häufig passiert, erlaubte der Vater des Jungen, Klaus, seinem Sohn nicht, sich mit dem Mädchen zu treffen, weil ihn der Vater von Katja einmal  zutiefst verletzt hatte. Nur die Oma des Mädchens stand den Kindern zur Seite. Wenn Klaus zur Arbeit fuhr, trafen sich die Sechsjährigen Tag für Tag im Haus von Katja. Den ganzen Tag konnten sie sich sorgenfrei amüsieren, denn die Oma behielt sie im Auge. Bald liefen sie, bald schlenderten sie. Mal zeichneten sie, mal malten sie. Nie waren sie ohne Ideen, die Zeit spaßhaft zu verbringen. Sie hielten zusammen wie Pech und Schwefel. Und täglich verabschiedeten sie sich voneinander …

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Seine Augen – Erzählung von Edyta aus Lublin, Polen

Seine Augen Es war schon Morgen, als er ihr Haus verließ. Sie dachte ständig an seine Hände und an die letzte Nacht. Sie trafen sich immer in der Nacht. Das war der Moment ihres Geheimnisses, wenn niemand sie sehen konnte. In dieser Zeit konnten sie also ehrlich und aufrichtig sein, denn sie waren allein. Anna erinnerte sich an jede Einzelheit, an ihr Gespräch, an seine Augen. Er hatte außergewöhnliche Augen. Man sagt, dass man das Innere des Menschen in den Augen sehen könne, und sie wusste, dass dies richtig war. Sehr schnell näherte sie sich dem Fenster, sie musste ihn noch einmal  sehen. Und so stand sie also allein am Fenster, so lange, bis er in der Ferne verschwand. Dann folgte für sie die Zeit der Einsamkeit. Die Treffen mit ihm machten ihr immer viel Spaß. Es waren die Augenblicke der Freude, aber wenn sie zur schweren Realität zurückkehrte, musste sie die süßen Nächte vergessen, denn die Wirklichkeit war kein Märchen und er war kein Prinz im Körper eines Frosches, aber der Mensch, der für …

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Das Wünsche erfüllende Elixier – Märchen für Deutschlerner ab C1

Märchen für Deutschlerner: Das Wünsche erfüllende Elixier Herzlichen Dank an Charlotta, die uns inspirierte „Wilhelm, wahrscheinlich vermutest du, warum ich dich rufen ließ“, sagte ein molliger, kahlköpfiger Mönch. „Ich ahne es“, antwortete der junge Mann. „Du bist der tapferste Ritter, der bis jetzt im Mittelalter lebte. Ich habe eine Mission für dich. Prinzessin Brunhilde stach sich mit der Spindel in ihren Finger und deswegen fiel sie ins Koma. Sie schläft seit zwei Monaten ununterbrochen und niemand weiß, wie sie zu wecken ist. Würdest du das Rätsel lösen?“ „Ja“, stimmte der Jüngling mit Nachdruck zu. „Du musst dir bewusst sein, dass dich eine schwere Expedition erwartet. Am Anfang musst du die alte Morla, die sehr klug ist, finden. Die Frau wohnt in dem Land, wo ständig Winter herrscht. Es gibt noch etwas, das du wissen musst: Die alte Morla ist ganz taub“, warnte der Mönch. „Trotzdem übernehme ich es, diese Aufgabe zu lösen“ antwortete Wilhelm. „Ich glaube fest, dass du mit der Aufgabe zurechtkommst.“ Mit diesen Worten brachte der Mönch das Gespräch zu Ende. Nach dem …

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